Mit Schaudern
/Von Egon Knecht, Vantera. Eigentlich unvorstellbar: Ein bürgerlicher (CDU-) Finanzminister lanciert ein Verbot für Bargeldzahlungen ab 5000 Euro in Deutschland. Traurig, dass der auch bei uns in der CH hoch geschätzte, sonst wohlbedachte Schwabe Schäuble sich so verrennen kann. Und nicht einmal vor diesem grundlegenden Eingriff in Bürgersouveränität und Eigentumsrechte zurückschreckt. Was ist eigentlich passiert, dass er zu einem Ultra-Etatisten geworden ist?
Die fatale Entwicklung dürfte eigentlich einem wachen deutschen Staatsbürger - aber auch uns als Nachbarland - nicht egal sein. Denn eine Einschränkung im Gebrauch des offiziellen staatlichen Zahlungsmittel ist ein bis vor kurzem undenkbarer Eingriff in die Souveränität des Bürgers. Jens Weidmann, heute Präsident der Deutschen Bundesbank und vielleicht später einmal Finanzminister, hätte als Ökonom den Fehler des Juristen Schäuble nicht gemacht....
Die deutsche Regierung hat da eine staatspolitisch höchst bedenkliche, zutiefst antiliberale Absicht kommuniziert. Das wäre schon schlimm genug. Wirklich schlimm ist aber auch, dass noch Wochen danach - ausser einigen kritischen Kommentaren in den TV Diskussionsformaten und Printmedien - keine mächtige Protestwelle in der Öffentlichkeit zu sehen ist. Soviel Staats-/Obrigkeitsgläubigkeit und Untertanenmentalität darf es doch nicht geben. Der deutsche Bürger als Untertan.....Wie im alten Potsdam.
So mache ich mir als liberal denkender Ökonom - ausserhalb meines üblichen makroökonomischen Outlooks - einige Gedanken zu dieser Attacke auf die Freiheit des eigenverantwortlichen Bürgers und die eigene Währung. Unter dem Titel
DIE UNENDLICHE GESCHICHTE VON DER BEVORMUNDUNG DES BÜRGERS
oder
"Wehret den Anfängen. Bedenket das Ende."
Mit Kummer muss man zu Kenntnis nehmen, dass die deutsche GROKO wieder einen weiteren Schritt zur Bevormundung und bürokratischen Gängelung des deutschen Bürgers getan hat. Das ist meines Erachtens ein - aus staatspolitischer, wirtschaftshistorischer und freiheitlicher Sicht - dramatischer Einschnitt: Der deutsche Staat beschränkt den unbescholtenen Bürger in der Verwendung des OFFIZIELLEN STAATLICHEN Zahlungsmittels. Dies unter dem leicht zu zerpflückenden Vorwand, dass man damit Schwarzgeld/Geldwäsche/Steuerflucht bekämpfen will. Da werden also 99.999% schuldlose Bundesbürger eingeschränkt, um angeblich eine kleine Gruppe von Kriminellen zu treffen.
1) "Wehret den Anfängen."
Tatsächlich geht es um etwas ganz anderes: a) Eine Attacke auf Privatsphäre und Freiheit des souveränen Bürgers, b) die kalte Enteignung, c) die totale Kontrolle des "gläsernen Bürgers".... Und das in einem Land, in dem bspw. das Datenschutzgesetz einem Autohändler verbietet, einen potentiellen Kunden anzurufen (ausser, er hätte vorher dem Anruf schriftlich zugestimmt).
So ist das Verbot für Bargeldzahlungen ab 5000 Euro in Deutschland dann wahrscheinlich nur der erste Schritt. Weitere werden folgen, wenn sich die Bürger nicht zu wehren beginnen, dass der eigene Staat sie unter Generalverdacht stellt. Vielleicht kommt noch das Verbot von Goldbesitz wie in den USA in den 30er Jahren. Oder das Absenken der Schwelle auf 500-1000 Euro. Das machen die Griechen, Italiener, Franzosen und manch andere EU Länder doch auch so, wird dann die Regierung sagen. Übrigens: In den USA wurden Banknoten über 500, 1000, 5000 und 10'000 (!) Dollar 1969 abgeschafft. Will heute jemand behaupten, dass danach Geldwäsche und Kriminalität zurückgegangen sind?
2) Wie man eine falsche Fährte legt.
Es geht eben nicht um Kriminalitätsbekämpfung. Es geht um das Bemühen einer etatistischen "Classe Politique", den gläsernen Bürger zu schaffen.
Es geht um eine weitere Stufe staatlicher Kontrolle, Bevormundung und Einschränkung.
Es geht um die massive Erodierung der Eigentumsrechte;
Es geht um das Ende der finanziellen Privatsphäre,
Es geht um den Zugriff auf das private Vermögen.
Es geht um eine weitere Steigerungsstufe der immer stärker werdenden "finanziellen Repression", welche via Tiefstzinsen Sparer, Versicherungen, Banken und Pensionskassen um ihre Zinserträge bringen. Und den Bürgern den Spargroschen verkleinern. Die Gläubiger, 'Kapitalsammelstellen' und Sparer werden enteignet, die Schuldner, insbesondere die hochverschuldeten Staaten werden entlastet.
Endziel wäre ohnehin die Abschaffung des Bargelds. Viele Politiker (und auch einige zu kurz denkende Bank CEO's wie John Cryan von der DB) träumen ja vom gläsernen Bürger, Bankkunden und Steuerzahler. Leider träumen auch einige Exponenten der EZB und anderer Central Bank's davon.
3) Wie die "unkonventionelle Geldpolitik" an ihre Grenzen stösst.
Bargeld wird in einem Negativzins-Umfeld zwangsläufig zu einem Ärgernis für die Notenbanken: Die Sparer werden sich Negativzinsen nicht gefallen lassen und ihr Geld abheben, um es in Sicherheit zu bringen... Und eben: Wer sein Geld im Safe oder unter der Matratze liegen hat, kann nicht mit Negativzinsen im Konsumverhalten gesteuert werden...vDas wäre aber aus Sicht mancher Finanzpolitiker nötig, um das Wirtschaftswachstum anzutreiben. Insbesondere, wenn die 'klassischen' und 'neuen' Instrumente der ultraexpansiven Geldpolitik nicht mehr gross wirken... Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass immer neue monetäre Entlastungsaktionen die Märkte idR nur noch kurzfristig stimulieren konnten. Das Gesetz abnehmender Grenzerträge gilt eben sehr wahrscheinlich auch für die ultraexpansive Geldpolitik von EZB, BoJ, FED...
Dies betonen heutige und ehemalige Notenbankvertreter wiederholt; zuletzt Axel Weber am WEF: Der EZB werden zwar theoretisch kaum Grenzen für Ihre ultraexpansive Geldpolitik, ihr aktuelles Wertpapier-Kaufprogramm gesetzt. Aber, wie man es schon länger erkennen kann: Es gibt sichtbare Grenzen dafür, was die EZB mit all ihren Liquiditätsflut-Massnahmen erreichen kann. Denn die positiven Wirkungen werden augenscheinlich schwächer und von den Finanzmärkten immer mehr in Zweifel gezogen. Die Nebeneffekte der aktuellen Geldpolitik werden stärker, der Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik immer schwieriger....Der Glaube der Investoren an die Allmacht der CB's, insbesondere der EZB bröckelt. Es ist offensichtlich, dass sich mit der ultraexpansiven Geldpolitik zwar Zeit für wirtschaftspolitische Reformen kaufen lässt; Aber selbst kein Wirtschaftswachstum generiert und das Überschuldungsproblem der Krisenländer in Euroland verstärkt.
Man sollte den langen Atem der grossen Zentralbanken nicht unterschätzen! Allein, die Geldpolitik kann dringend notwendige Strukturreformen und verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik niemals ersetzen. Je länger wir in der irrealen Welt der Nullzinsen leben, je länger die CB's mit dem
Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik zuwarten, umso schmerzhafter sind die Folgen: Für Marktwirtschaft, Wohlstand, Arbeitsplätze, Zukunftsvertrauen, Investitionen, Wirtschaftswachstum, Schuldenberg, Vertrauen in den €...
4) Wie die Folgen der 'Financial Repression' immer sichtbarer werden.
Nun: Wer profitiert am meisten von den Tiefst/Negativzinsen? Es sind die Regierungen der Schuldenstaaten, die quasi gratis noch mehr Schulden machen können, statt Reformen in Gang zu bringen. Der Durchschnittsbürger hat nichts davon. Seit Jahren kauft die EZB Zeit: Damit die Euro-Krisenländer endlich weitgehende Strukturreformen in Angriff nehmen, um so wieder Wettbewerbsfähigkeit, solides Wirtschaftswachstum generieren zu könnten. Aber es passiert nicht viel...
Eine bargeldlose Wirtschaft würde allerdings das Streben einiger Regierungen und CB's (dank den verordneten Strafzinsen auf Sparkonten) massiv erleichtern, Wirtschaftswachstum über 'Konsumzwang' zu erzielen. In einer Wirtschaftwelt ohne Bargeld gibt es keine NEGATIVZINS-UNTERGRENZE mehr. Der Sparer/Konsument kann sich nicht mehr gegen die kalte Enteignung durch Negativzinsen wehren, indem er das Geld bar hortet.
5) Wo Feinde und Freunde sitzen.
So sind die FEINDE des Bargelds die Freunde von Bevormundung, Einschränkung, Überwachung. Und die FEINDE des souveränen, freien Bürgers. Sie sitzen in den Finanzministerien, zum Teil in den Zentralbanken. Sie handeln auch weitgehend unbelastet aller (wirtschafts-) historischer Erfahrung. Und sind in ihrem obrigkeitsstaatlichen Menschenbild Lichtjahre vom souveränen, eigenverantwortlichen Bürger entfernt.
Ich bin überzeugt: Ein Verbot für Bargeldzahlungen hätte damals in der einigemassen liberalen, dem Westen und der sozialen Marktwirtschaft zugewandten BONNER REPUBLIK noch laute Proteststürme ausgelöst. Heute wird das, auch in ARD und ZDF, fast unter "ferner liefen" vermeldet. Und erst noch auf die denkbar unkritischste, obrigkeitsgläubige Art kommentiert. Das verwundert mich nicht. In beiden TV Anstalten ist profundes ökonomisches und wirtschaftshistorisches Wissen, ein tiefer Respekt vor den bürgerlichen Freiheiten und der finanziellen Privatsphäre des Bürgers kaum spürbar.
6) Wie unverstanden die Funktion des offiziellen Zahlungsmittels ist.
Das offizielle Bargeld ist nicht nur Tausch- und Verrechnungs- sondern auch WERTAUFBEWAHRUNGSiNSTRUMENT. Wer den Banken oder gar dem Staat nicht vertraut, soll sein Barvermögen doch dort aufbewahren können, wo es ihm beliebt. Und sei es 'unter der Matratze'. Was man mit seinem eigenen Geld macht, geht niemand etwas an, keinen Staat und auch keine Bank. Wer als Verkäufer seines Autos auf Barzahlung besteht, soll dies doch tun können. In unserer überreglementierten Welt ist frei verfügbares Bargeld ohnehin eine der letzten Nischen der Freiheit!
"Bargeld ist gedruckte Freiheit", heisst es zurecht. Oder "Wer das Bargeld abschafft, schafft die Freiheit ab!" Das sagte schon in den 80-er Jahren der deutsche Dichter Hans Magnus Enzensberger, in Anlehnung an Dostojewski's abgewandeltes Zitat: "Bargeld ist geprägte Freiheit!"
Übrigens: Auch unser Schweizer Bundesrat hatte ja in 2015 die Begrenzung der Barzahlung diskutiert. Was ja schlimm genug ist. Aber man hat sich dann in Kenntnis der Sachlage und aus Respekt vor dem unbescholtenen schweizer Bürger wenigstens auf eine Obergrenze von CHF 100000.- beschränkt. Unser Bundesrat hätte sicher unbedachter entschieden. Aber er muss Gott sei Dank als Angestellter des Stimmvolkes agieren. Und dank unseren Volksrechten, den Instrumenten der direkten Demokratie werden er und das Parlament noch einigermassen unter Kontrolle gehalten. Da zahlt es sich aus, dass die Schweizer Demokratie von unten nach oben aufgebaut ist. Die Nähe von Parlament und Regierung zum Stimmbürger, die Verwurzelung der "Classe Politique" in der realen Welt, ist zwangsläufig sehr viel grösser als bei unseren Nachbarn...
In der Bonner Republik gab es noch ein politisches Personal in Parlament und Regierung, dem die grundlegenden bürgerlichen Freiheiten und der Schutz der finanziellen Privatsphäre etwas bedeuteten. Damals herrschte sehr wahrscheinlich nicht nur eine bessere Wirtschaftspoltik, sondern vor allem auch ein besseres Staatsverständnis: Nämlich mehrheitlich der Grundkonsens, dass der Staat für den Bürger da ist. Und nicht der steuerzahlende Bürger für den Staat.
7) "Bedenket das Ende."
Das hat sich in den letzten Jahren völlig geändert. Offensichtlich ist sich in der deutschen Regierung niemand bewusst, wie tiefgehend dieser Einschnitt in die Freiheit des Staatsbürgers ist. Wie gross muss das Misstrauen des Staates gegenüber dem unbescholtenen Bürger sein, wenn er die finanzielle Freiheit in der Verwendung des offiziellen Zahlungsmittels dermassen einschränkt? Ein guter FAZ Journalist beschrieb das letzthin so: "Da wird viel von Schwarzgeld oder Steuerflucht geredet und so getan, als kauften IS-Terroristen ihre Kalaschnikow bar in der Eckkneipe oder als wasche die Mafia ihr Geld in der Pizzeria statt in der eigenen Bank. Die Wahrheit ist schrecklicher: Die Feinde des Bargelds streben nach totaler Kontrolle" (der Bürger)...
Es scheint leider, dass in Brüssel, in Frankreich ohnehin und nun auch in Berlin ein närrisches Treiben von Ideologen herrscht. Nicht nur zur Faschingszeit. Das kleine Fähnlein der sachkundigen Realisten scheint - bis auf den letzten Mann tapfer kämpfend - unterzugehen. Aber vielleicht passiert noch ein Wunder nach dem Motto: Je grösser die Not, desto näher die Rettung.
Zur Zeit wirken viele in Brüssel und leider auch Berlin eher wie Exponenten einer Monarchie, statt einer lebendigen Demokratie. Sie sind abgehoben, weit weg von der Realität, vom Wähler und Bürger. Sie haben wenig oder gar keine Ahnung von Ökonomie, Geschichte, Wirtschaftsgeschichte. Sie leben - typisch für grosse Koalitionen - in einer geschlossenen Welt, neigen zu Selbstherrlichkeit und Arroganz. Sie denken, sie wissen besser, was gut ist für den Bürger als dieser selbst. Dies obwohl ein ansehnlicher Prozentsatz der Steuerzahler weit besser ausgebildet und die Welt weit besser kennt, als die meisten MdB's. Welche zudem vom Staat leben, nie im harten Wettbewerb der freien Wirtschaft gearbeitet haben...
Und während es in einigen Monarchien noch den Hofnarren gab, der die Dinge und Probleme benennen durfte, der sagen konnte "was ist", herrscht heute die Feindin von Meinungsfreiheit und gelebter Demokratie: Die 'Political Correctness'. Umso mehr gilt heute für die Kämpfer gegen die Bevormundung des selbstverantwortlichen Bürgers, gegen finanzielle Repression, aber für eine lebendige Demokratie, für Meinungsfreiheit, für den Wettbewerb der Ideen und für eine liberale, wohlstandsmehrende Wirtschaftsordnung der Leitgedanke des Titelhelden in "The Revenant":
NEVER GIVE UP!
Auf bald mit herzlichen Grüssen
Ihr Egon Knecht, Vantera